Mittwoch, 30. Dezember 2015

Die Geistige Sicht I


Ich wende mich heute vor allem an die kirchentreuen Geschwister, die von Kindesbeinen an dazu erzogen wurden, die Bibel wörtlich zu nehmen und zu glauben und wir werden die wunderbare Erfahrung machen, dass in der Heiligen Schrift noch viel mehr geschrieben steht, als mit den Buchstaben zu lesen ist. Die Bibel unterscheidet sich von allen anderen Büchern darin, dass sie ein geistiges Buch ist. Somit gibt zwei Arten, die Bibel zu lesen. Zuerst einmal wörtlich, als Geschichtsbuch und dann auch geistig, nämlich das, was zwischen den Zeilen steht.

Nur, und das ist das grosse Problem, der natürliche Mensch versteht überhaupt nichts vom Geiste Gottes und deshalb sind die geistigen Wahrheiten eine glatte Torheit.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Schrift genau so zu verstehen, wie es geschrieben steht. Der Geistige Mensch aber liest im Geiste die geistige Botschaft. Man kann dies Gleichnis nennen, eine Allegorie, ein Metapher oder eine Entsprechung. Wir wollen heute eine solche Entsprechung miteinander ansehen, welche in einem ganz einfachen Text verborgen liegt. Im Gegensatz dazu gibt es auch schwerer zu erkennende Entsprechungen, wie zum Beispiel das Hohe Lied von Salomo, welche geistige Dimension im Grunde genau das Gegenteil aussagt, als das was geschrieben steht! Aber wenden wir uns wie gesagt einem einfachen, aber sehr interessanten Beispiel zu. Lesen wir den wörtlichen Text des geschichtlichen Geschehens:

Und da Jesus viel Volks um sich sah, hieß er hinüber jenseit des Meeres fahren.   Und es trat zu ihm ein Schriftgelehrter, der sprach zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wo du hingehest. Jesus sagte zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlege.  Und ein anderer unter seinen Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, daß ich hingehe und zuvor meinen Vater begrabe.  Aber Jesus sprach zu ihm: Folge du mir und laß die Toten ihre Toten begraben!  Und er trat in das Schiff, und seine Jünger folgeten ihm.  Und siehe, da erhub sich ein groß Ungestüm im Meer, also daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und er schlief. Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: HERR, hilf uns, wir verderben!  Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stund auf und bedräuete den Wind und das Meer; da ward es ganz stille.  Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam ist?“ (Math. 8. 18 – 27)

Der natürliche Mensch oder der fleischlich gesinnte Christ, was ja dasselbe ist, lernt hier,  dass man nicht kleingläubig sein soll und wie wunderbar die Macht über die Schöpfung war, welche Jesus innehatte.

In geistiger Hinsicht aber lesen wir hier weit mehr und hier liegt die wahre Botschaft verborgen, nicht im wörtlichen Text. Die Bibel darf man nicht wie einen Roman lesen und sich in eigenen Phantasien die Geschichte ausdenken. Gottes Wort ist Geist und ist zeitlos und verliert seine Gültigkeit nie, in Ewigkeit nicht. So verbirgt sich das Wort Gottes nicht im Text, sondern in der geistigen Botschaft hinter dem Text – oder eben zwischen den Zeilen, wie man zu sagen pflegt. Die Texte haben Menschen geschrieben und übersetzt, die geistige Botschaft aber ist von Gott. In nur ganz wenigen Ausnahmen hat der Mensch wissentlich und willentlich diese Botschaft zu verfälschen versucht.
Das gilt für uns Nicht-Juden natürlich auch für das Alte Testament. Diese geistige Botschaft hängt mit dem Neuen Testament aufs Engste zusammen. Nimmt man nun aus der ganzen Schrift einige Textstellen zusammen, um irgend eine Ideologie oder Philosophie zu stützen, dann mag das sehr wohl funktionieren, aber mit der dahinterliegenden Botschaft stimmt es dann nicht mehr überein. Das ist der Grund, weshalb man die Bibel nicht nur wörtlich nehmen darf, sondern unter Gebet die Göttliche Mitteilung zu suchen und zu verstehen ist.

Viel Volk

Soviel zur Einleitung und fürs Allgemeine. Beginnen wir mit unserer Szene bei Vers 18

Und da Jesus viel Volks um sich sah, hieß er hinüber jenseit des Meeres fahren“

Eigentlich recht erstaunlich, dass Jesus im Angesicht der Menge den Ort verlassen wollte. Er scheint auf den ersten Blick dieser Masse überdrüssig zu sein und suche Seine Ruhe. Aber das wäre ja nicht Jesus, der ja für „das Volk“ die Himmel verlassen und zu uns auf die Erde gekommen ist!
Wer ist das „viele Volk“ und woher kam es? Die ganze Szene ereignete sich kurz nach der Bergpredigt. Als Jesus nämlich dort geendet hatte, „entsetzte sich das Volk, denn Er predigte gewaltig“. Es gab noch dort auf dem Berg eine erste Sichtung. Die Volksmenge, welche durchaus Jesus und seine Botschaft direkt und nicht nur vom Hören-Sagen kennen lernen wollte, hatten sich die meisten wieder von Ihm abgewandt. Diejenigen, in welchen im Herzen ein kleines Licht angezündet wurde, folgtem Ihm weiter bis ans Ufer.

Man kann das gut mit dem Leben in unserer Neuzeit vergleichen. Die Welt ist oftmals durchaus bereit, das Wort Gottes zu hören, aber es aufzunehmen ist dann schon etwas schwieriger. Sie sagen „Ich glaube nur, was ich sehe“. Und dann gibt es eben auch eine erste Sichtung. Diese Menschen werden sich kaum mehr um die Wahrheit kümmern, sie gehen weiter ihres Weges. Andere aber sind von der Wahrheit angetan und wollen noch mehr hören und sehen. Ich stellte mir das immer so vor, auf dem Berg bei der Predigt war es das (ganze) Volk, also alle Menschen aus der Stadt.. Diejenigen, welche sich an Seiner Predigt nicht entsetzten, waren diejenigen, welche jeden Sonntag in die Predigt gehen und mehr wissen wollen und vor allem erbaut werden wollen. Ich stelle mir weiter vor, dass alle diejenigen , welche Jesus bis ans Ufer folgten, der heutigen Allianz entspricht. Werden in den Städten Allianz-Versammlungen durchgeführt, dann kommen auch „viel Volk“ zusammen, vielleicht etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Diese Zahl muss natürlich nicht stimmen, zeigt aber mehr oder weniger eine Grössenordnung.

Nun steht also Jesus da vor der Allianz, sieht die Volksmenge und sagt zu den Jüngern „Lasst uns gehen!“ Warum denn das, denn das Volk hängt ja an Seinen Lippen, möchte hören, was Er zu sagen hat. Nein, „Lass uns gehen!“ sagt der Herr und liess das Volk alleine zurück.

Das ist nun ein ganz entscheidender Punkt. Es ist die zweite Sichtung. Jesus zieht sich zurück und sieht zu, wer da einfach zu den Sensationslüsternen, bzw. zu den „Herr!, Herr!“-Rufern gehört. Er zieht sich zurück um zu sehen, wem es ernst ist mit der Nachfolge, wer alles zu unternehmen bereit ist, Ihm nachzufolgen und ins Boot zu steigen.

Diese zweite Sichtung, welche Jesus hier vornimmt, trennt die „Gläubigen“ von den wahren Nachfolgern. Man könnte es auch so sagen: Die Sichtung von denen, welche vom Glauben-Allein bis hierher zum Ufer geführt wurden ... (Zynismus Ende)

Bereit zur Nachfolge ?

Nun gab es durchaus einige Gläubige, welche sich vorgenommen haben, Jesus nachzufolgen und nicht nur Sein Wort zu konsumieren. Sogar ein Theologe war darunter:

„Und es trat zu ihm ein Schriftgelehrter, der sprach zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wo du hingehest. Jesus sagte zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlege.“ 

Wir kennen den Beweggrund dieses Theologen nicht, noch tiefer in die Geheimnisse dieses aussergewöhnlichen Jesus einzudringen, aber Jesus wusste darum. Ob es eine Studienreise sein sollte, um seine Zuhörerschaft in den Synagogen später durch das hinzugewonnene Wissen zu beeindrucken oder ob es ihm gar daran gelegen war, die Zeichen und Wunder zu erlernen um damit dann glänzen zu können - uns bleiben die Gründe verborgen. Aber eines wissen wir, weil Jesus es gesagt hat. Diesem Theologen ging es um weltliche, materielle Beweggründe. Deshalb sagt Jesus zu ihm, dass er in materieller Hinsicht nichts gewinnen kann, im Gegenteil, dass er die materielle Bequemlichkeit aufgeben müsse, alles, was ihm liebgeworden ist – einschliesslich den Sex. Nichts was ihm lieb geworden war im bisherien Leben könnte er in der Nachfolge fortführen, alles müsste er hintanstellen oder gar vüllig verzichten. Interessanterweise gebraucht hier Jesus zwei Tierarten um ihm dies zu erklären. Er nimmt Bezug auf die Füchse und die Vögel. Der Instinkt der Tiere symbolisiert hier im vorliegenden Text die Grundbedürfnisse des Zuhause (Gruben und Nester), mit den drei echten Grundtrieben: Essen, Schlafen und Fortpflanzung. Hier muss sich der Nachfolger Jesu schon bewusst sein, dass es in diesen Grundbedürfnissen gewaltige Einschnitte geben wird. Was Jesus hier tat, war nichts anderes als die Fortführung der harten Rede von der Bergpredigt. Nur mit dem Unterschied, dass diese Rede noch weit härter war als jene und auf diejenigen zugeschnitten, welche die ernstliche Nachfolge bereits ins Auge gefasst haben.

Wenn wir hier noch das Gleichnis vom reichen Jüngling in Betracht ziehen wollen, dann können wir sehen, dass es bei Jesus niemals um Quantität ging, sondern einzig und allein um Qualität. Nicht jeder, der nachfolgen wollte hat er bereitwillig begrüsst, wie das natürlich in den heutigen Kirchen der Normalfall ist, sondern er hat sie ausgewählt - ausgenommen dem Judas, damit die Schrift erfüllt würde, wie es andernorts heisst.

Auf „viel Volk“ hat Jesus offensichtlich keinen Wert gelegt, also das vielgepriesene Gemeindewachstum ist für Ihn kein Thema, aber ein anderes Thema zählte für Ihn: Sichtung, also eine Triage von Ernstwilligen und Mitläufern. Eine Sichtung derjenigen, welche die Wahrheit um der Wahrheit willen suchen und derjenien, welche irgend andere Motive im Glauensleben haben.
Und hier müssen wir innehalten. Wir müssen uns ernstlich fragen, was sind a) unsere Motive und b) sind wir bereit, alles zu lassen, was auch in kleinster Weise den geistigen/geistlichen Weg hindern könnte? Sind wir „gläubig“ um in den Himmel zu kommen, also den ersten Platz in der Ewigkeit zu ergattern und nicht in der Hölle schmoren zu müssen oder ist es um die Liebe zur Wahrheit, das heisst ausschliesslich um die Liebe zu Gott zu tun, die uns treibt?

Es scheint, dass Jesus hier bei der zweiten Sichtung keine neuen Jünger mehr aufgenommen hat. Jedenfalls nicht solche, welche es aus sich wollten. War es so, dass Jesus „Seine“ Seelen schon im Voraus bestimmt hatte?

Und dann gibts noch den zweiten Mann, der Jesus nachfolgen wollte.

„Und ein anderer unter seinen Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, daß ich hingehe und zuvor meinen Vater begrabe.  Aber Jesus sprach zu ihm: Folge du mir und laß die Toten ihre Toten begraben!“

Dabei gilt es zu beachten, dass hier steht „... unter seinen Jüngern ...“, also nicht ein Mann unter dem „vielen Volk“, also einer in der Allianz-Versammlung. Es war offenbar einer, der schon zum engeren Kreis gehörte und der Meinung war, Jesus, der im Begriff stand ins Boot zu steigen, würde nun noch einen Tag warten, bis er seinen Vater begraben hatte. Was heisst das für uns? Einen Toten begraben hatte im jüdischen Volk einen sehr hohen Stellenwert, wie wir das aus dem Buch Tobias kennen. Und trotzdem akzeptierte Jesus das bei diesem Jünger nicht. Warum? Ich denke, Er wollte den Jüngern und damit auch uns zeigen, dass a) nicht die Agenda des Jüngers wichtig sondern nur jene von Jesu und b) dass alle gesellschaftlichen Verpflichtungen und Traditionen, auch wenn sie noch noch religiös sind, sofort und diskussionslos in den Hintergrund treten müssen. Radikal? Hatte Jesus von Seinen Jüngern eine Radikalität  verlangt? Ich denke JA!

Vor einiger Zeit hatte jemand in einem christlichen Forum die Frage gestellt, dass wenn Jesus jetzt käme, wir noch vorher etwas erledigen wollten. Es gab dabei keinen Bezug zu diesen Bibelversen, sondern es ging um die Wiederkunft Jesu. Schade, dass ich die vielen verschiedenen Antworten nicht abgespeichert habe, jenes Forum gibt es nicht mehr. Aber jeder – wirklich jeder! – hatte noch irgend etwas, das er erledigen wollte und einige hatten sogar geschrieben, sie würden Jesus bitten, noch einige Tage zu warten. Und das von sogenannten „wiedergeborenen Bibeltreuen“. Darin sehen wir wie zeitgemäss die Bibel ist. Genauso wie es vor zweitausend Jahren war, so ist es auch heute noch. Alle diese „Gläubige“, welche wie hier unser Vater-Beerdiger, Jesus noch einen oder zwei Tage warten lassen möchten bis sie bereit sind, gehören trotz ihrer vermeintlichen Wiedergeburt und trotz ihrer vermeintlichen Bibeltreue eindeutig zu den törrichten Jungfrauen. Sie bleiben wohl oder übel am Ufer.

Aber Jesu hatte ein Einsehen mit diesem Mann. Er sagte nicht „Dann gehe, begrabe deinen Vater“ und liess ihn damit nicht einfach stehen. Er klärte ihn auf. Er sagte zu ihm, dass „Tote begraben“, also ein Traditionsrummel um tote Materie nichts für Menschen sei, in denen eben das wahre Leben zu keimen beginnt. Alles Tote, alles Materielle, alles Vergängliche hat von nun an keinen Wert mehr wie alle Gewohnheiten. „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert“, sagt Jesus, auch wenn in den zehn Geboten davon die Rede ist, dass Vater und Mutter hohe Ehre zukommt.

Ja, die Nachfolge Jesu verlangt, dass alles, wirklich alles Bisherige verlassen werden muss.  Der Geist Gottes möge in den Herzen aller Leser mehr und mehr erhellen, was das heisst!

Im zweiten Teil wollen wir dann sehen, was passiert, wenn die die grosse Volksmenge der Allianz-Versammlung verlassen wird und der engere Kreis der Jünger im selben Boot sitzen.

Wie immer ist die Diskussion über das Thema im Forum offen und auch Gäste können sich einbringen, können ergänzen oder ihrer kritischen Haltung freien Lauf lassen. Wer will, kann auch Fragen stellen. 

Jesus segne Dich!